Menschenzoo.

Zoo… ich glaube bei dem Gedanken an einen Zoo gehen die Meinungen auseinander. Die einen denken gleich an Tierquälerei, die anderen an Nähe zur Natur, Bildung einer Sensibilität gegenüber Tieren.

Nichts davon ist in meinen Augen richtig. In einem Zoo geht es doch eigentlich nicht um Tiere. Es geht in erster Linie um Menschen – um Menschen und ihren Egoismus gegenüber der Natur. Nirgendwo ist der Mensch weiter von der Natur entfernt als in einem Zoo.

Der Unterschied zwischen den Tieren im Zoo und den Menschen liegt alleine darin, dass der Mensch abends wieder raus darf. Am nächsten Tag steht er wieder pünktlich am Eingang um eingelassen zu werden. Die Tiere betrachten das seltsame Schauspiel mit einer stoischen Ruhe, treten von einem Bein aufs andere, leben ihre Verhaltensstörungen aus oder verstecken sich unauffindbar im Gebüsch.

Aber erstmal von Anfang an:

Ich fotografiere gerne. Ich habe das Handwerk wieder nach meinem Herzinfarkt angefangen. Für die technisch Interessierten: Ich fotografiere digital mit einer Nikon D 300 und analog mit einer F 100. Ich machte mir die heutige Upgradegesellschaft zunutze und kaufte beide Kameras gebraucht zu einem Spottpreis obwohl noch immer technisch interessant.

Um ein neues Zoom zu testen, fuhr ich gestern in den Augsburger Zoo. Ich finde, hier kann man am besten Farben, Schärfe und Handhabung testen. Ausserdem mag ich Tiere. Wobei man für mich kein Nashorn in freier Wildbahn fangen muss um es kilometerweit in einen Zoo zu transportieren, damit ich es bequem, nur wenige Meter vom Sofa enfernt, anschauen kann. Egal, die Sonne scheinte und ich wollte meinem Hobby nachgehen.

Naja, es ist Ferienzeit und der Zoo füllte sich ziemlich schnell. Die Luft war gefüllt mit Kinderlärm und schulmeisterlichen Worte von gestressten Eltern.

In Ruhe fotografieren war da innerhalb kürzester Zeit leider nicht mehr möglich. Allerdings stellte ich fest, dass es noch etwas viel interessantes gab als die Tiere hinter den Absperrungen: die Menschen vor den Absperrungen. Dahinter, davor…. ich weiss nicht wirklich wen man mit den Zäunen schützen will. Nach meinem Zoobesuch aber, glaube ich, dass es die Tiere sind, welche vor den Besuchern schützenswert sind.

So packte ich langsam meine Kamera weg und begann mit meinen Ohren zu fotografieren. Ja genau – mit meinen Ohren. Ich fotografierte Worte und Sätze, speicherte sie in meinem Kopf und synchronisierte sie noch vor Ort mit meinem Apfelfon.

Und das begann so: Ich packte gerade meine Kamera in die Tasche, als ich eine Frau hörte: „Schau mal ein Storch! Die gibt es bei uns auch. Die essen Frösche und wohnen meist auf einem Schornstein. Schau mal den roten Schnabel! Schön.“

Ich blickte hoch und suchte nach ihrem Kind. Da war keines. Nur ein Golden Retriever mit heraushängender Zunge, den die Störche überhaupt nicht interessierten. Kurz darauf fragte sie ihn, warum die Störche eigentlich nicht wegfliegen. Der Hund gähnte.

Ich ging dann weiter. Überall vernahm ich allwissende Väter wie sie ihren Kindern etwas vom Pferd erzählten oder besser gesagt vom Elefanten. Da wird energisch dem kleinen Kevin der Unterschied zwischen einem indischen Elefanten und einem afrikanischen Elefanten erklärt. Kevin ist zwei Jahre alt und nuckelt am Schnuller.

Da sind so manche Mütter eher direkt heraus…

„Schau mal Jannick – ein Elefant.“

„Warum lehnt der Elefant denn an der Wand?“

„Der ist besoffen“ (Ich fasse hinter mein rechtes Ohr, bilde eine Muschel und drücke es leicht nach vorn, um noch besser zu hören)

„Besoffen?“

„Ja besoffen. So wie Dein Vater. Der lehnt auch immer an der Wand wenn er besoffen ist.“

Peng. Ich bin platt und klappe mein Ohr wieder zurück.

Am meisten hört man die Kinder immer rufen: „Wo ist denn der Tiger?“ Oder „Wo ist denn der Löwe? Wo ist denn die Schlange?“ Da muss ich den Kleinen recht geben. Meist verkriechen sich die Tiere in irgendeiner Ecke um ja nicht den gaffenden Blicken der Zoobesucher ausgesetzt zu sein. Eigentlich würde es doch reichen, irgendwo hinter einem Gebüsch ein Fell zu platzieren. „Da ist er! Ich kann sein Fell sehen!“

Dann hörte ich eine Gruppe von Kindern. Ihr Begleiter erklärte ihnen vor dem Gehege der Paviane, wie perfekt das Sozialverhalten bei dieser Affengattung funktioniert. Während der belehrenden Worte des Erwachsenen amüsierte sich die Horde Kinder über einen älteren Affen, der gerade versuchte, mit seinem errigierten Penis ein Babyäffchen zu besteigen.

Der ganze Rummel wurde mir schliesslich zu viel. Ich liess mich auf einer Bank nieder und beschloss, meinen Zoobesuch nach nur zweieinhalb Stunden abzubrechen, als ich wieder ein paar Sätze fotografiere:

„Mama, was steht da auf dem Schild?“

„Da steht, dass man die Tiere nicht füttern darf.“

„Warum darf man die Tiere nicht füttern Mama?“

„Ach Kind… weil sie sonst was falsches essen oder eben zuviel. Das bekommt den Tieren nicht.“

„Ich mag Schokolade Mama.“

„Ess erst Dein Eis fertig!“

Die Mutter bringt es ungefähr auf 140 kg, das Kind mit  4 Jahren auf geschätzte 60 kg.

Für mich ist Zeit, dem Zoo den Rücken zu kehren. Aber immerhin mit einer Erkenntnis… den Tieren im Zoo geht es gut. Sie haben nämlich einen Zaun um sich, der sie schützt.

Augenzwinkernd,

Euer Oliver 2.0

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