Der Franzose und ich. Mademoiselle Lilly.

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Der Franzose hatte nach seiner Rückkehr Besuch angekündigt. So recht wollte ich es ihm ja nicht glauben, aber gestern Abend klopfte es zart an unsere Türe…

Ich war gerade dabei, das Abendessen zu bereiten, als ich das Klopfen hörte. Ich legte den frisch erlegten Hirsch beiseite und stieg über das ausladende Geweih zu der Türe meiner Blockhütte. Da kam auch schon der Franzose aus dem Wohnzimmer, bellend, mit seinem Schwanz wedelnd und aufgeregter als sonst.

Ich öffnete langsam die Türe… sie war wunderschön. Mit ihren klaren Augen blicke sie mich an und ging einfach so an mir vorbei in unsere Hütte wo der Franzose schon wie ein Geißbock von einer Pfote auf die andere sprang. Zugegeben, sie hatte schöne Beine. Und davon gleich vier. Ihr Fell war weiß wie die Haut von Schneewittchen und ihre linke Gesichsthälfte schwarz wie die Nacht. Da war sie also, die Urlaubsbekanntschaft von Spike.

Der ganz aufgeregt: „Darf ich vorstellen… Lilly!“

Ich ging in die Hocke und nahm ihre Pfote. Schüchtern drehte sie ihren zierlichen Kopf zur Seite. Ich begrüßte sie französisch: „Bon Jour Mademoiselle Lilly!“

Sie kicherte kokett. Spike rammte ihr freundschaftlich seinen dicken Schädel in die Seite, so dass sie daraufhin gleich umkippte. Das ließ sie sich aber nicht gefallen. Mit einem Biss schnappte sie nach seinen Lefzen und sofort ging die Keilerei los – Bulldoggenstyle eben. Sie rannten durch die Blockhütte wie eine Herde Büffel, ohne Rücksicht auf mein Hab und Gut. Mit meinem rechten Fuß schob ich schnell den Hirsch unter den Küchentisch. Ich wollte nicht dass sich jemand am Geweih verletzt.

Da es aber so aussah, als ob die Blockhütte den beiden Franzosen nicht lange standhalten würde, schnappte ich mir beide Großohren und ging mit ihnen auf die Felder. Dort feierten sie ausgiebig ihr Wiedersehen. Was für eine Freude. Ich saß im Gras und beobachtete die beiden stundenlang. Offensichtlich spielte ich für den Franzosen keine Rolle mehr. Tja… so ist das wenn die Kinder groß werden. Ich kramte vor Langeweile in meiner Jackentasche und fand noch ein Leckerli. Spike, der auf alles essbare getrimmt ist, nahm sofort das Rascheln meiner Jackentasche war und blieb mitten im Sprung in der Luft stehen. Er stürzte ab, ließ die Französin mitten auf der Wiese stehen und rannte in meine Richtung. Nur den Bruchteil einer Sekunde später saß er vor mir und stierte auf die Leckerei. Genau in dem Moment, als ich ihm das Stückchen geben wollte, blickte mich ein zweites Augenpaar an. Mademoiselle Lilly saß plötzlich ebenfalls vor mir. Sie ließ ihre Augenlider blinken. Gleich vier Molosser-Augen blickten mich an – treu, verhungert, herzzerreissend.

Ich überlegte, wer denn nun mein letztes Leckerli bekommen sollte. Das heißt, eigentlich überlegte ich nicht. Denn völlig unüberlegt schob ich es mir selbst in den Mund, kaute kurz und schluckte es hinunter.

„Spinnst Du?“ empörte sich der Franzose.

„Mon Dieau!“ erwiderte die Dame aus Paris.

„Wie auch immer!“ zuckte ich mit der Schulter und stand auf. Meine Knochen gaben dabei ein krachendes Geräusch von sich. Die beiden Bulldoggen wirkten sichtlich enttäuscht. Ihre Wiedersehensfreude war verflogen. Ich musste was tun, um die Stimmung zu retten…

„Wisst Ihr was? Ich lade Euch auf ein Eis ein!“

Spike rannte vor Freude im Kreis und die Französin zwinkerte mir zu: „Oh Monsieur Olivier… Sie sind so charmant!“

„Ich weiß“, dachte ich mir und ging mit den beiden Eis essen, während zuhause der Hirsch langsam wieder aus der Bewußtlosigkeit erwachte.

 

Oliver 2.0

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9 Kommentare zu „Der Franzose und ich. Mademoiselle Lilly.

  1. Herrliche Geschichte, mein tauber Sofaschläfer kann die Reaktionen gut nachvollziehen (hat er mir mitgeteilt) vorallem die Entrüstung über das letze Lerckerli. Ich hoffe aber das der Hirsch nun einen Namen bekommt und vom einer reinen Statistenrolle zu einer kleineren Nebenrolle, anfangs sicher noch ohne Text, ausgebaut wird *g*

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      1. Ach Mon Dieau! Monsieur Olivier – ist das wirklich wahr? Dann muss ich so etwas mal auch von meinen Katzen (Rosi & Lilli 🙂 ohne Schmäh!) probieren …! Allerdings weiß ich nicht, wann ich mich dazu überwinden kann… Vielleicht bleibe ich doch bei meinem Lieblingsleckerli, für Menschen, dem großen Dreieck mit Honig und Mandel-Nougat aus der Schweiz, wenn du weißt, was ich meine… Ja, das lass ich mir einreden 🙂

        Was ist deine Lieblingsschoki? (Nein, nicht die für Hunde, sondern für Menschen, meine ich 🙂 )

        LG
        Lilly

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      2. Jetzt war ich extra so diskret und habe den Namen nicht geschrieben (wollte keine Werbung dafür machen, sonst ist das Regal im Supermarkt morgen leer!), aber du hast es ja doch nicht erraten, welche Schoki ich gemeint hab‘ 🙂 – ei, ei… du kennst dich ja gar nicht aus, Monsieur Olivier … Beim Dreieck entgeht dir was, das sag ich dir … ich kann mir nicht vorstellen, dass diese Torino auch so gut schmeckt, obwohl aus der Schweiz stammt … 🙂

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      3. Na also, geht doch!!! Na bitte! Alles geht, wenn man will… So schnell kann man einiges über sich selbst ausplaudern (Lieblingsnascherei, die Katzennamen) – und das so öffentlich… 🙂 Ich wollte diese Dinge eigentlich geheim halten … ist ja alles privat! 🙂

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