Was geblieben ist.

Es ist der 28. Juli,  18 Uhr.  Jetzt genau vor drei Jahre hatte ich meinem zweiten Herzinfarkt. Ich selbst bin heute an diesem besonderen „Jahres-Tag“ mit Freunden auf Motorrädern im Süden unterwegs und geniesse das Leben.

An einem solchen Tag stellt man sich natürlich Fragen wie zum Beispiel:  „Was ist vom Herzinfarkt übrig geblieben? Was ist anders?“

Ich kann dies für mich sehr kurz beantworten: „Es ist nicht mehr viel vom Herzinfarkt zurück geblieben, aber alles ist anders…“

Das Leben ist nicht mehr so wie es vorher war. Das Leben und ich – wir haben uns beide gegenseitig verändert. Nicht immer wirkt das abgestimmt oder glücklich gelöst.
Fort ist zum Beispiel die Unbeschwertheit, das Unbekümmerte, das Vertraute. Anders ist nun die Angst, die Vorsicht und das immer währende Hineinhören in den eigenen Körper. Ich fasse oft ans Herz, um zu fühlen ob es richtig schlägt. 
Anders geworden ist aber auch der Umgang mit mir selbst. Mehr Sport, bessere Ernährung und mehr von den schönen Dingen und Momenten im Leben.
Ich bin am Leben geblieben… bzw. ich habe ein neues geschenkt bekommen. Dafür bin ich dankbar, denn das Leben jetzt, ist schön.

Was ist noch geblieben?

Meine tauben Handhälften habe ich immer noch. Bei der Herz-OP wird man über mehrere Stunden festgeschnallt. Dabei wurde äein Nerv eingeklemmt. Kollateralschaden quasi. Es stört mich nicht sehr. Nur wenn ich mit der Tastatur schreibe. Weil ich kein Gefühl habe, verfehle ich oft die Tasten oder mache Fehler bei der Groß-/Kleinschreibung. Das ist nicht schlimm, das tut nicht weh. Meine Narben sind mir geblieben. Eine große lange, welche meine Brust in zwei Hälften teilt. 21 cm ist sie lang. Manchmal juckt sie, obwohl sie immer noch taub ist. Und manchmal kann man den Knoten sehen, an der Stelle wo der Titandraht unter meiner Haut zusammengezwirbelt wurde. Die Stelle ist oftmals auch blau. Nichts dramatisches.

Dann habe ich noch drei kleine Narben von den Drainagen, welche in meinem Körper steckten. Nie werde ich die Schmerzen vergessen, als diese herausgerissen wurden.

Zweimal am Tag muss ich immer noch Tabletten nehmen. Es sind nur noch vier übrig welche ich täglich einnehmen muss. Geschluckt habe ich seit dem 28. Juli 2011 tausende dieser kleinen Pillen.

Zur Feier des Tages schluck ich aber heute etwas anderes…

In diesem Sinne Prost,

Oliver 2.0

14 Kommentare zu „Was geblieben ist.

  1. Ja, so muss man das sehen. Im zweiten Leben ist man wahrscheinlich vorsichtiger und ängstlicher, aber auch weiser und genießt bewußter, weil es ja auch anders sein könnte: nicht du schluckst etwas Gutes, sondern die Würmer dich. Entschuldige die drastische Ausdrucksweise …

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  2. Was geblieben ist? Du bist geblieben! Zum Glück! Und das finde ich unglaublich gut!!!
    Hab‘ einen schönen Urlaub und gib gut auf Dich acht. GLG

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    1. Nun, der erste war ja auch ein „stiller“. Den fand man erst nach meinem zweiten Herzinfarkt, als man feststellte, dass ein Teil des Herzens schon abgestorben war.
      Danke für Deine Worte!
      Oliver 2.0

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  3. Dann wünsche ich einen schönen dritten geschenkten Geburtstag. Es werden ganz sicher noch viele weitere folgen.
    So dicht am Tod wie bei einem Herzinfarkt war ich zum Glück noch nie und hoffe auch, nie in diese Verlegenheit zu kommen. Ich lebe allerdings auch auf geschenkte Zeit und die genieße ich. Man erlebt vieles bewusster. Das kann auch ich sagen. Und irgendwie ist alles anders als zuvor. Man ist aus der Bahn geworfen. Oft ist das auch besser so. Manchmal denke ich, es darf auch einfach nicht mehr so sein wie früher. Etwas muss sich ändern.
    Angst solltest du nicht haben. Versuch, die Sache rational anzugehen. Es ist einfach ein Risiko, mit dem man lebt, mehr nicht.
    Nimm mich als Beispiel: Rein statistisch liegt mein Risiko, dass ich die nächsten 6 – 8 Jahre nicht überlebe, bei 60 – 80 %. Ehrlich gesagt bedrückt mich das nicht, denn alles läuft gut und so werde ich ganz sicher zu den 20 – 40 % gehören, die es schaffen. Mit der Teilnahme an einer Medikamentenstudie versuche ich das Risiko zu beinflussen. Und sollte es mich denn doch erwischen, OK, dann ist es halt so. Ich weiß aber zumindest, dass ich ein schönes Leben hatte und für mich alles herausgeholt habe. Damit kann ich leben und auch sterben (obwohl es natürlich eine Schande wäre!).

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    1. Nun da wünsche ich Dir auf jeden Fall ebenfalls noch ganz viele Jahre.
      Aber wie heißt es so schön?…
      „Es kommt nicht darauf an, dem Leben mehr Jahre zu geben, sondern den Jahren mehr Leben zu geben.“

      Danke für Deinen schönen Kommentar,

      Oliver 2.0

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  4. Als Mensch der gesundheitlich auch schon so einiges durchgemacht hat und dem Tod ebenfalls entronnen ist kann ich nur sagen: schön dass es dich gibt! Bitte bleib so und bewahr dir diese Lebensfreude! Auch wenn sie manchmal von Angst durchzogen ist (kenn ich nur zugut). Solang sie nicht überhand nimmt ist alles gut. Und danke dass du so mutig dein Leben mit uns teilst 🙂 ich lese immer wieder gerne deine Beiträge die mich auch sehr oft an mich selbst erinnern und zum Schmunzeln und Nachdenken anregen. 🙂
    Viele liebe Grüße & happy 3!

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  5. Ich möchte auch einfach nur Danke sagen, für Deine Offenheit mit der Du Deine Geschichte teilst! Du gibst mir Kraft für die Momente in denen sich bei mir die Unbeschwertheit verkrümelt.
    Schön das Du da bist ! LG

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