Harvest Moon. (Tunes from the past)

Er war müde. Der Highway zog sich seit Stunden wie eine endlose Schnur hinter ihm her und es lagen noch einige Meilen vor ihm.

Hier draussen war er alleine auf seinen zwei Rädern. Unter ihm polterte der luftgekühlte V2 sein eigenes Lied und über ihm strahlte der Vollmond und tauchte die Landschaft in eine sonderbare Kulisse.

Am nächsten Tag musste er in L.A. sein. .. ein wichtiger Termin. „War er inzwischen noch wichtig?“ fragte er sich selbst, während die Kälte langsam seine Stiefel empor kroch, sich um seine Beine legte, um dann weiter über seinen Rücken zu wandern.

Verdammt taten ihm seine Knochen weh. 600 Meilen ohne Pause auf einem harten durchgesessenen Ledersattel und einem alten Evo-Motor zwischen den Beinen waren alles andere als lustig, aber schließlich sein Leben. Während er die Straße im Blickfeld hatte und auf seinem Zigarrenstummel kaute, begann er über genau dieses Leben nachzudenken… wie so oft, wenn er einsam durch die Nacht fuhr.  Er sollte endlich seßhaft werden, feste Arbeit annehmen, bodenständig werden. Man kann das schaffen -auch wenn die Haare bereits silbergrau sind.

Der Termin, er wird sein Leben ändern. Ein Wendepunkt quasi auf den er zielgerichtet zufuhr. Nur noch 100 Meilen, dann würde er in einer billigen Absteige pennen und morgens dann frisch geduscht sein Leben ändern.

Dazwischen aber lag Rainbow, eine kleine Stadt in der Nähe der Westküste. Ein verschlafenes Nest mit nicht mehr als ungefähr… ach wer weiß das schon. Er konnte die Einwohnerzahl auf dem Ortsschild nicht lesen. Zu sehr trieb ihm der kühle Fahrtwind unter seiner Brille Tränen in die Augen.

Er fuhr langsamer, man konnte ja nie wissen. Die Cops in diesen Kleinstädten sind Wadenbeißer, die sich über jede Abwechslung freuen. Und ein abgerissener Biker, der zu schnell fährt, wäre ein gefundenes Fressen für die Ordnungshüter.

Ungefähr im Zentrum der Kleinstadt lag auf der rechten Straßenseite ein kleiner Saloon. Selbst durch seinen Halbschalenhelm konnte er trotz seines laut hämmernden Motor, Musik aus der Hütte hören, als er dort vorbeifuhr. Auf dem Parkplatz standen Bigfoots, Pickups und ein alter Chevy. Vor dem Eingang unterhielten sich gut gelaunte Menschen. Einige von Ihnen trugen karierte Hemden und Cowboyhüte.  Darunter auch eine hübsche junge Frau, ebenfalls mit Cowboyhut und einem knackigen kleinen Hintern. In ihrer Partystimmung winkte sie dem vorbeifahrenden Biker zu.

Er aber lachte nur. Kopfschüttelnd nahm er mit der linken Hand seinen durchgekauten und inzwischen kalten Zigarrenstummel und warf ihn auf die Straße. Den Gasgriff liess er dabei langsam los und sein Eisenhobel verlor an Geschwindigkeit bis er schließlich zum Stehen kam. Er rammte seine schmutzigen Stiefel in den Asphalt und umklammerte die Griffe seines Motorrads noch fester und biss sich dabei auf die Zähne. „Verdammt….“ zischte er. Mit einer Sehnsucht im Blick drehte er sein sonnengegerbtes Gesicht zurück Richtung Saloon. „Verdammt..“ wiederholte er seine Verzweiflung. PotatoPotatoPotato antworte der Motor rumpelnd unter ihm.

Plötzlich entspannten sich seine Gesichtszüge. Die Verzweiflung in seinem Blick wich einer festen Entschlossenheit. Mit genau dieser riss er nun den Gashahn auf, schlug gleichzeitig den Lenker ein und dreht so das schwere Bike gekonnt mit quitschenden Reifen in einem Schwung auf dem staubigen Untergrund um 180 Grad, und fuhr lächelnd zu dem Saloon zurück. Morgen sollte sich sein Leben nicht ändern, aber vielleicht heute nacht.

Von drinnen tönte Musik aus den Boxen…“Harvest Moon.“

Neil Young „Harvest Moon“, bei Youtube hochgeladen von jmms429.

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