„Tschüss, bis heute Abend!“

5 Jahre ist es heute her, als ich morgens „Tschüss, bis heute abend!“ sagte und erst sechs Wochen später wieder nach Hause kam – ausgemergelt, endfertig und mit einer langen Narbe auf meiner Brust. Es war ein Donnerstag, genau wie heute, als mein Leben an einer Bushaltestelle zu enden schien und all die Berufspendler einfach vorbeifuhren – nicht anhielten, nicht halfen, während mich der Herzinfarkt vor meinem Auto auf die Knie zwang. Sie hatten bestimmt besseres zu tun… Dabei wollte ich sie gar nicht lange aufhalten. Ich wollte nur wissen wo ich bin oder, dass einer einen Rettungswagen ruft und den Leuten sagt, wo sie mich finden. Vom Glauben mag man halten, was man will, aber mir hat mein Glaube damals geholfen. Genau in dem Moment, als mein Glauben an die Menschlichkeit schwand.

5 Jahre. Viel hat sich seither geändert in meinem Leben. Sehr viel. Ich musste wieder ganz unten anfangen. Manches, was sich heute salopp und leicht anhört, war damals die Hölle. Nur mit viel Tränen und Anstrengungen kämpfte ich mich zurück in das Leben, an dem ich so gerne wieder teilnehmen wollte.

5 Jahre. Für mein neues Leben gibt es ein aussagekräftiges Symbol: mein Buch „NEUSTART. Ein Herzinfarkt kann das Ende sein – oder der Anfang“. 

Durch das Buch habe ich viele Menschen kennen gelernt. Beim Fernsehen, beim Radio, im Verlag, bei diversen Magazinen und Zeitungen. Aber ich habe auch die Ängste und Sorgen vieler Menschen kennen gelernt. Menschen, die mein Buch lasen, mich auf einer Lesung oder im TV sahen – viele schrieben mir Mails, erzählten von sich und ihren Schicksalen und fanden in mir jemanden, der sie zu verstehen schien… dem es eben auch so oder ähnlich ergangen ist, wie ihnen. Besonders freue ich mich immer, wenn ich von gesunden, jungen Menschen ein Feedback erhalte – von solchen, die nun mehr auf sich achten wollen, die eben rechtzeitig ihren Lebensstil zum Besseren ändern wollen. Das macht mich dann immer ein bisschen stolz – vielleicht konnte ich dem ein oder anderen helfen. Mein Buch hat diese Menschen auf jeden Fall erreicht. Mehr kann man sich als Autor nicht wünschen.


5 Jahre. Es geht weiter. Vor allem mit neuen Lesungen im Herbst und mit neuen Menschen, die ich dadurch kennenlernen darf. Und es geht weiter mit den Veränderungen in meinem Leben… mit dem Schreiben und dem Leben selbst.

Aber heute, am 28. Juli, dem Jahrestag meines Herzinfarkt, werde ich einfach nur einen normalen Arbeitsalltag haben. Ich fahre morgens nach München zu meinen Terminen, und ich fahre abends, so Gott will, wieder nach Hause. Ganz normal, wie all die anderen Pendler… so, als wäre nie etwas gewesen… an diesem warmen Donnerstag im Juli.

Tschüss liebe Leser, …bis heute Abend!

Euer Oliver 2.0

20 Kommentare zu „„Tschüss, bis heute Abend!“

  1. Sei vorsichtig, Oliver, heute, an diesem besonderen Tag, den Du wohl nie vergessen wirst. das vergisst man nicht, bei meinem Mann werden es am 5. Oktober sechzehn Jahre, und bei ihm hats länger gedauert als bei Dir. Er kam erst Ende November aus der REHA.
    Wundere Dich nicht, ich habe vorher unter anderem Namen geschrieben und hatte auch einen anderen Blog. Dein Buch hab ich gekauft und gelesen, schon nachdem es auf dem Markt war, besser gehts nicht. du hast bestimmt vielen Menschen geholfen mit dem Buch. Und jetzt denk mal an Dich und pass auf dich auf. Schönen Tag.
    Dass ich unter anderem namen schreibe, bzw anonym hat private Gründe.

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  2. Schöner Post! Ich wünsch Dir einen schönen und stressfreien Tag. Ich wollte dir schon vor Monaten schreiben, hatte dann aber zuviel anderes um die Ohren. Da hatte ich Dich im Fernsehen gesehen, die Sendung habe ich vergessen. Vielleicht das Mittagsmagazin? Auf jeden Fall saß ich da und dachte: Ach was, ist das nicht der mit dem Hund und dem Blog? Und du warst´s wirklich. War ein sehr gutes Interview, und es war schön, Dich mal „kennen zu lernen“.
    Wie schon gesagt: Hab einen schönen Tag! 🌞

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  3. Die letzten Worte meines Mannes waren: schön, wenn der Schmerz nachlässt.
    Danach beugte ich über ihm, um ihn zu reanimieren. Die nächsten Worte kamen erst viele Monate später. Ein Pfleger hatte ihm einen Sprechaufsatz auf die TK gesetzt, und sich auf sein Bein gestützt danach. Was ihm ein „was soll der Scheiß?“ einbrachte. Ach Oli, neben Kampfgeist hattest du viel Glück!
    Das mt dem nicht helfen, hatte mein Mann ein Jahr zuvor auch. Er war auf einer Rasthoftoilette mit einem Magenbruch zusammengebrochen (das war der Warnschuss, den er „ignorierte“, und man ließ ihn liegen, stieg über ihn hinweg, weil man ihn wohl für betrunken hielt …

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    1. Hallo Jane! Dann könnt Ihr das ja sehr gut nachempfinden, wenn man so daliegt und keiner hilft.
      Ja, Glück gehört bei so etwas immer dazu – viel Glück.
      Danke für Dein Feedback! Wünsche Euch noch einen schönen Sonntag! Oliver 2.0

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  4. Ich hoffe du hattest einen schönen Tag gestern! Ich lese nach wie vor gerne deinen Blog und finde deine Fotos spitze! Mein Onkel hatte letztes Jahr auch einen Herzinfarkt, kurz bevor er in den Flieger auf den weg nach China gestiegen ist. Er musste notoperiert werden. Was wäre gewesen wenn er schon im Flieger gesessen hätte. Ich mag gar nicht drüber nachdenken. Er hatte großes Glück gehabt. Ich habe ihm danach deinen Blog empfohlen. Auch er ist jetzt ein anderer Mensch. Gibt mehr auf sich acht. LG und schönes Wochenende!

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    1. Danke! Ja der Tag war wie erhofft – „normal“! 😀
      Das mit dem Herzinfarkt ist echt beeindruckend. Beinahe jeder hat im Umfeld jemandem, der einen erlitten hat. Freu mich, dass Du ihm meinen Blog empfohlen hast und natürlich darüber, dass Dir meine Fotos gefallen.
      Liebe Grüße und einen schönen Restsonntag,
      Oliver 2.0

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  5. Lieber Oliver! Deine Worte berühren sehr, vielleicht bin aber bloß auch ich so empfindlich bei der Thematik des Helfen. Hatte ein ähnliches Erlebnis – nicht so schlimm, dass ich 6 Wochen im Krankenhaus bleiben musste, aber für mich trotzdem nicht sehr schön. Ich bin mitten in einer Großstadt zusammengebrochen und trotz vieler Menschen um mich herum, hat es sehr lange gedauert, bis sich jemand um mich angenommen hat. Du glaubst nicht wie froh ich bin, dass dieser jemand noch an mir vorbeigekommen ist. Da mir der Glaube an die Menschheit vergangen ist, habe ich nach diesem Erlebnis angefangen, mein Horoskop zu lesen. Kurz zuvor mich ich nämlich auf schicksal.com gestossen. Das gab mir auch im langen Krankenstand die Kraft, weiterzumachen. Ich konnte optimistisch in die Zukunft blicken, auch wenn die Gegenwart alles andere als rosig aussah. Auch jetzt lese ich noch oft mein Horoskop, wenn ich eine harte Zeit durchmache. Man glaubt gar nicht, wie viel Energie einem ein paar positive Worte geben können, die den Fokus wieder auf die positiven Dinge im Leben lenken 🙂 Lg Tanja

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