Der Franzose und ich. Hundsnacht.

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In der vergangenen Nacht, der Nacht von Freitag auf Samstag, konnte ich nicht schlafen. Mir war kalt und meine Bettdecke wie immer zu kurz. Verzweifelt suchten meine kalten Frostfüße das warme Fell des Franzosen… vergeblich. „Komisch“, dachte ich. „wo ist er?“.

In der Dunkelheit suchte ich den Schalter meiner Nachttischlampe. Natürlich nicht ohne diese wenigstens einmal auf den Boden zu schubsen. „Mist“… nörgelte ich noch halbverschlafen in mich hinein. Ich hob sie auf und knipste das kleine Licht an. Vom Franzosen war weit und breit nichts zu sehen. Aber die Schlafzimmertür stand auf. Ein eisiger Windzug blies direkt in meine Richtung. Ich stand auf, suchte meine karierten Filzpantoffeln und zog mir meine Jacke über. Auch die Haustür war geöffnet. Kein Wunder fror ich. Schliesslich war draussen eine typische saukalte Sommernacht.

Da stand ich nun vor unserer Blockhütte und rief nach dem Franzosen… nichts. Der wird doch nicht wieder nach Paris abgehaut sein? Es sollte mir vollkommen wurscht sein. „Soll er doch…“ schimpfte ich.

Gerade, als ich wieder in die Blockhütte wollte, nahm ich einen flackernden Lichtschein hinter dem Haus war. Mir wurde, zugegebenermaßen, ein bisschen Bange.

Vorsichtig schlich ich um die Hütte um nach der Ursache zu sehen…

Du meine Güte… da brannte ein Lagerfeuer, mitten im Garten hinter unserer Hütte. Und im Lichtschein saß der Franzose mit glasigem Blick in das Feuer stierend. Um seine Schulter hatte er sich eine Indianerdecke gelegt. Ich konnte es nicht genau erkennen, aber im Gras neben ihm lag, so vermute ich, eine lange Pfeife. Er wimmerte entgeistert etwas unverständliches vor sich hin.

„Was machst Du hier?“ fragte ich ihn , komplett entgeistert, und frierend.

„Schhhhhhh… „, deutete er mir hauchend mit einer Pfote auf seinen Lippen.

„Ich geb Dir gleich Schhhhhhhh! Was soll der Firlefanz?“

„Heute ist die fünfzehnte Nacht im achten Monat des Jahres…“

„Ja, na und?“

„Weißt Du nicht was das bedeutet?“

„Nunja, morgen ist der sechzehnte August,“ gab ich ihm klar zu verstehen.

„Schhhhhhhh…. Unwissender!“

„Du spinnst doch!“

„Die fünfzehnte Nacht des achten Monats ist die Hundsnacht!“

Mir klappte das Unterkiefer runter. Mein aufgerissener Mund samt Goldplomben musste wie ein Schaufenster zur Weihnachtszeit funkeln, im Anbetracht des lodernden Lagerfeuers.

„Die was?“ wollte ich nochmals genau wissen.

„Die Hundsnacht!“

„Aha… und was lieber Franzose, ist die Hundsnacht?“

„In der Hundsnacht wenden sich alle Hunde dem Himmel zu und stimmen leise unsere Lieder an – die Lieder unserer Vorfahren.“

„Ich hab noch nie etwas von einem Hundelied gehört,“ entgegnete ich. „Doch warte…“, ich sang: „Who let the dogs out? Whooo, whooo, whooo….!“ Dabei hielt ich mir den Bauch vor Lachen.

„Schhhhhh…“, ermahnte er  mich abermals.

„Es sind die Lieder derer, die vor uns auf Erden wandelten. Wir summen sie still um ihrer zu gedenken. Es ist eine ganz besondere Nacht, Du Ungläubiger!“

„Aha.. das ist also der Brauch. Ihr summt Lieder in den Himmel.“ Zugegeben… er schaute ganz schön gespenstisch drein im Schein des Feuers.

„Genau! Aber nicht nur das!…“

„Ich höre?“ Ich war gespannt welch eigenartige Gepflogenheiten noch damit verbunden waren – mit dieser Hundsnacht. Der Franzose drehte seinen Kopf langsam zu mir und blickte mich mit glasigen Augen und tiefen Augenrändern an…

„Hör zu Ungläubiger! Wenn die Lieder verstummen, bringen wir unseren Vorfahren ein Opfer dar!“

„Und das wäre?“

Seinen Gesichtszügen entwich plötzlich jegliche spirituelle Hautfalte:

„Wir essen mitten in der Nacht und  für unsere Ahnen gleich die doppelte Portion dazu. Rinder/Truthahn, die blaue 800-Gramm-Dose bitte!“

Ich weiß nicht mehr genau was ich dann tat. Aber der Franzose traut sich bis jetzt, einen Tag später, nicht mehr aus seinem Körbchen.

 

Oliver 2.0

 

4 Kommentare zu „Der Franzose und ich. Hundsnacht.

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