Ich muss mal nachtdenken…

Es ist 3:30 Uhr. Meine Zeit sozusagen… zum nachtdenken und schreiben, obwohl ich viel lieber schlafen würde. Überhaupt ist es ein Zustand zwischen wach und schlafen. Ich schreibe, also bin ich…

Es ist warm in meinem Zimmer, zu warm. Kein Wunder, denn vorhin drehte ich die Heizung auf weil mich so sehr fror. Schüttelgefrostet lag ich unter meiner kalten Zudecke und zitterte am ganzen Leib. Nun schwitze ich und der Schweiß steht mir auf der Stirn. Gleich dahinter, also kurz unterhalb der Schädeldecke, an der sich momentan ebenfalls Kondenswasser bildet, tummeln sich all die Menschen des Tages, welche mich nun wachhalten.
Mit einer gewissen Müdigkeit schleppte ich mich bereits durch die letzten Tage. Gestern packte mir nun jemand noch Gliederschmerzen auf die Schultern. Mit diesem Paket liege ich nun im Bett… mal frierend, mal schwitzend. Ich denke nacht: Was ist es, was Menschen denken macht, mit einem rauhen Umgangston kommt man besser durchs Leben? Was macht sie glauben, dass man nur sich selbst glauben darf?
Je mehr ich darüber nachtdenke, umso weniger kann ich schlafen.

Was wäre das für eine Welt, wo nicht der Neid, das Geld oder die Gier herrschen, sondern einfach nur der Respekt vor dem anderen? Es gäbe viele schöne Momente für jeden und ich könnte endlich schlafen.
Leider sind wir davon weit entfernt. Obwohl es ganz einfach wäre. Jeder erwartet doch irgendwie Respekt vom Gegenüber. Da liegt es doch nahe, dass ich dem anderen ebenfalls mit Respekt begegne. Oder liege ich da falsch? Wahrscheinlich… denn sonst wäre es ja so. Ich werde mich nie daran gewöhnen an diese Respektlosigkeit, welche aller Ortens vorherrscht. Anschließen werde ich mich dieser schon gar nicht. Ich werde ihr einfach auf meine Art und Weise begegnen – mit Respekt.
Aber ich will auch jetzt nicht zu negativ sein. Es gibt sie ja – die Menschen, die respektvoll sind. Und mit ihnen gibt es auch die schönen Momente. Das ist auch der Grund, warum ich nur die Heizung aufdrehe und nicht den Gashahn. Nein, ich bin nicht suizidgefährdet. Das läge nicht in meiner Natur. Nur müde bin ich… endlich.

4:00 Uhr zeigt der Wecker. Vielleicht kann ich jetzt schlafen… Es ist immer noch unglaublich warm, aber das Nachtdenken lässt nach.

Wie auch immer, …allen die nun ebenfalls wach liegen, wünsche ich einen guten Schlaf!

Oliver 2.0

Nachtrag: Es ist 4:40 Uhr. Ich liege immer noch wach. Der Franzose schläft derweil tief und fest in seinem Bettchen. Mit ihm ist also auch keine Unterhaltung möglich.
Wie ist das eigentlich…? Wenn ich nachts über Geschehnisse schreibe, ist das dann eher ein Nachtbuch oder doch ein Tagebuch? Apropos Buch… demnächst erscheint der nächste Teil meiner Chronologie eines Herzinfarkt… hier, wie immer.
In der Chronologie befinde ich mich ja momentan auf der Heimfahrt von der Klinik nach meinem Herzinfarkt.
Fahrten auf der A96 sind seitdem nicht mehr das was sie waren. Jedesmal erinnere ich mich an die Geschehnisse, so als wären sie gestern passiert. Dabei sind nun bald drei Jahre vergangen. Drei Jahre sind eine lange Zeit. Allerdings haben sie für mich einen Nachteil: Je weiter ich mich zeitlich gesehen von meinem zweiten Herzinfarkt entferne, umso näher fühle ich mich meinem dritten. Kann das jemand verstehen? Wahrscheinlich eher nicht…
Das ist wie drei Wochen Urlaub. Die erste Woche ist klasse, schließlich liegt noch der ganze Urlaub vor einem. In der zweiten Woche, denkt man, hach noch über ne Woche Urlaub. Bricht dann die letzte Woche an, gehen die Urlaubsgefühle langsam flöten, weil man permanent an das Ende denkt.
Genau so ist es mit meinem Herzinfarkt… das Gefühl, dass die letzte Woche angebrochen ist.

Respekt… das Thema war Respekt… Gehen Menschen miteinander respektvoll um, kann die ein oder andere Krankheit vermieden werden – auch ein Herzinfarkt.

22 Kommentare zu „Ich muss mal nachtdenken…

  1. „Je weiter ich mich zeitlich gesehen von meinem zweiten Herzinfarkt entferne, umso näher fühle ich mich meinem dritten.“
    Kann ich sehr gut nachvollziehen. Denn: Je weiter sich mein Mann zeitlich gesehen von der (erfolgreichen) Behandlung seines rezidativen Hirntumors entfernt, desto näher fühlen wir uns (manchmal) dem erneuten Rezidiv.
    Wünsche gute Besserung.

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  2. Diese Grübelmaschine, die vor allem nachtaktiv ist, kenne ich sehr gut. Da wünscht man sich manchmal einen Aus-Knopf! Manchmal hilft mir der Schubladentrick: Ich stelle mir einen großen alten Eichenschrank vor, mit schweren Türen und ein paar Schubladen, die jede einzeln abgeschlossen werden kann. Dann lege ich alle Gedanken (oder Menschen), die mich partout nicht schlafen lassen wollen, einzeln in diese Schubladen und schließe sie doppelt und dreifach mit einem großen goldenen Schlüssel ab, den ich anschließend an meinem liebsten Gedankenplatz (in Irland am Meer in einer ganz bestimmten Bucht) ins tiefe Wasser schmeiße…. Vielleicht ist es Humbug, aber manchmal hilft’s, wichtig ist nur dass man sich alles ganz genau vor seinem inneren Auge vorstellt 😀

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    1. Danke Dir. Der Vorschlag hört sich in der Tat gut an. Allerdings wird er bei mir nicht funktionieren. Da hat mehrere Ursachen: Ein alter Eichenschrank würde es nicht tun. Ich benötige eine Lagerhalle mit ungefähr 60 Palettenplätzen. Für die Paletten bräuchte ich einen Staplerführerschein, den ich nicht habe. Also müsste ich diesen gedanklich machen, um dann die Lagerhallte mit den Paletten, ebenfalls, gedanklich zu füllen. Da werde ich in einer Nacht nie fertig. 😀

      Lieben Gruß,

      Oliver 2.0

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      1. Haha, ich kann dir anbieten, dass du dir vorstellt dass ich den Stapler fahre und du nur dirigierst…ich hab nämlich nen Staplerführerschein 😉

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  3. Gedanken-Karusselle in der nächtlichen „Nerv“ausgabe ^_^ wie ich die kenne… wobei da auch schon gute Sachen, wie bei dir, am Ende rausgekommen sind. Daher bleibt die Überlegung, was diese Nachtgedanken nun tatsächlich sind… Fluch oder Segen? 😉

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    1. Hallo und Danke für Deinen Kommentar! Ja das frage ich mich auch manchmal. Auf jeden Fall bin ich froh, wenn ich dann überhaupt etwas vernünftiges „rausbringe“. Danach geht es mir meist besser. 🙂
      Gruß,

      Oliver 2.0

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  4. Hallo Ollie,

    Ich finde den Vergleich mit dem 3 wöchigen Urlaub interessant aber auch sehr erschreckend. Was macht Dich glauben, dass der Urlaub schon so bald zu Ende ist? Du kannst überhaupt nicht wissen ob es jemals einen dritten Infarkt geben wird. Ich wünsche Dir von Herzen alles Gute und für den Moment Zuversicht und Gottvetrauen.

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    1. Hallo Caroline! Nun, wann der Urlaub zu Ende ist, weiß ich natürlich nicht. Dass er irgendwann zu Ende geht – da bin ich mir sicher, da er für jeden irgendwann vorbei ist.
      Die Angst schwingt halt immer mit – mal stärker und mal schwächer.

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  5. Der Respektlosigkeit mit Respekt begegnen?
    Das fällt mir sehr schwer. Ist man damit nicht ganz nah an der Resignation?

    Nachtgedanken, so richtige wache, kenne ich fast garnicht.
    Wenn mir etwas den Schlaf raubt, dann tue ich alles dafür die Ursachen schnellstens abzustellen.

    Aber ich mag diese geradezu revolutionären Gedanken, die mich kurz vor dem Einschlafen oder im Traum anfallen. Ich habe dafür ein kleines Notizbuch am Bett liegen. Wenn ich es schaffe so weit wach zu werden, dass ich schreiben kann, dann kommt da ne Notiz rein.

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    1. Wenn man Respektlosigkeit mit Respekt begegnet sehe ich dies nicht als Resignation. Ich sehe es eher so, dass man sich selbst treu bleibt. Ich versuche immer meine Sprache zu sprechen – nicht die des anderen. Damit halte ich auch nicht meine andere Wange hin, sondern ich behalte mir mein Ich.
      Mit dem Notizbuch ist auch ne tolle Idee. Ich hämmer das alles immer gleich in mein Smartphone.

      Lieben Gruß,
      Oliver 2.0

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  6. Nur sensiblen, tiefsinnigen Menschen passieren solche „Dinge“. Ich habe inzwischen 10 Jahre Krankheit hinter mir (manchmal auch noch immer „neben mir“) und kann mich nie daran gewöhnen. Doch jeden Tag, der gut verläuft und mir ein Lächeln schenkt oder einen Menschen begegnen lässt, mit dem ich auf einer „Wellenlänge“ bin, genieße ich und bin dankbar. Für „verborgene Idealisten“ ist diese Welt zu oft ein Grauen. Gäbe es die Hoffnung nicht – auf irgendetwas Kleines, unscheinbar Wunderbares, wären wir wohl verloren. Ich würde ja schreiben: „Ich schließe Dich in meine Gebete ein“, doch Gott ist mir in den letzten Jahren fern gewesen. So folge ich Dir nun und freue mich, wenn Du schöne und schlechte Momente mit uns teilst! Herzlichst, Sylvia

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