Wort und Totschlag.

Lange ist es her, dass die Nacht mich viel zu früh ausspuckte.
Nun sitz ich wieder mal in meinem Bett und starre auf den digitalen Wecker auf meinem Nachttisch: 3:31 Uhr… mitten in der Nacht. Ich versuche, mein Hirn nochmals in den Schlaf zu wiegen, denn 3:31 Uhr ist definitiv zu früh. Mein Hirn klebt noch schlaftrunken an meinem Schädelinneren, als es sich aber trotz aller Versuche, es so zu belassen, langsam vom Knochen löst.

Wie ein Kaugummi, der sich von einer glatten Schuhsohle löst, fällt es plötzlich mit einem schlonzigen Geräusch ab und stürzt in mein Innerstes. Na toll…. Vom Aufprall wachgerüttelt, springen meine Worte aus ihren Betten.
Serifenrasselnd formieren sie sich für die nächsten Schlachten am kommenden Tag. Viele Schlachten gilt es immer zu schlagen. Manchmal zieht man von einem Wortkrieg in den anderen.

Kriegsmüde setze ich mich noch aufrechter in mein Bett und stelle mir selbst die Frage, für was all diese Wortgefechte gut sein sollen…? Wie bei der Schlacht von Waterloo stehen sich vor einem Kampf ganze Kolonnen von Worten in Reihen, geformt zu Sätzen, gegenüber, um sich dann, auf ein Signal hin, oftmals laut schreiend aufeinander zu stürzen.
Wort um Wort fällt und im Schlachtengetümmel verlieren ganze Argumente ihre Beine oder Arme.
Irgendwann, wenn eine Schlacht heftigst tobt, gehen einem die Worte aus und man steht geschlagen da.
Wobei es Kontrahenten gibt, denen fehlen von Beginn an die Worte. Dann steht der Sieger von vornherein fest.

Aber kann es überhaupt einen Sieger geben, wenn täglich so viele Worte vergewaltigt werden und auf die Richtbank geführt werden? Wäre es nicht wortschonender, man setzt sich an einen Runden Tisch und tauscht in Ruhe Worte aus, ohne diese zu opfern?
Nun ja, es gibt solche Versuche. Aber oft ist auch dies Wortverschwendung. Meist sind es dann zu viele Worte, die zwar kampflos, aber dafür aneinander vorbeigehen, ohne sich zu berühren.

Nur wenige Worte schaffen es auf dieser Welt überhaupt, sich oder andere zu berühren. Berührung wollen die meisten aber nicht. Berührung ist Nähe. Und für Nähe bedarf es nur ganz wenige Worte. Diese aber mit Bedacht auszuwählen, ist ein feines Tun. Für viele Menschen zu mühsam.

Die Masse ergibt sich lieber in Grobschlächtigkeit und deshalb herrscht überall Wort und Totschlag.

4:09 Uhr. Ich habe meine Worte entwaffnet. Mürrisch sind sie wieder in ihren Schlafsaal gekehrt und liegen nun wieder im Bett.

Mein Gehirn klebt auch wieder dort wo es hin gehört… Licht aus.

Oliver 2.0

11 Kommentare zu „Wort und Totschlag.

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